Das Motiv von Robert Johannes
Ein Maler auf der Studienreise,
ein echter Düsseldorfer Sohn,
macht mal im Neidenburger Kreise
vor einem kleinen Dorf Station.
Er hörte vom Qstpreußenlande
viel Lobenswertes, will’s drum sehn,
und gleich zum Ärger „seiner Bande“
nach fesselnden Motiven späh’n.
Er sieht fünf alte Bauernkaten
und einen großen Haufen Mist. –
ein Instweib, neben sich den Spaten,
das Kumst und graue Erbsen ißt.
Er sieht drei alte, magre Ziegen
auf einem abgegrasten Fleck,
und Kinder, zahlreich wie die Fliegen,
die spielen allesamt im … Schmutz.
Der Maler steht wie angebunden,
aufs allerhöchste interessiert:
„Hier hab ich ein Motiv gefunden!
Nun schnell das Nötigste skizziert!“
„Die Hauptfigur ist jener Bengel,
in Vaters Weste nur gehüllt,
mit Backen wie’n Posaunenengel,
entzückend schmutzig, der so brüllt.“
Wo blieb die Instfrau?! – Ohne Sorgen!
Die steht schon bei ihm – er erschrickt,
doch grüßt er freundlich: „Guten Morgen!“
„Goo’n Dag ook!“ sagt sie, grient und nickt.
Die Neugier ist nicht leicht bezwungen –
„Was mache, Herrche, Se denn dor?“
„Ich zeichne jenen netten Jungen –
das kommt Euch wohl sehr dämlich vor?“
„Ijo!“ klingt’s treuherzig und bieder,
„min Jung, da ös jo werklich nätt –
doch komme Se man am Sonntag wieder,
wenn sich der Krät gewasche hätt!“
Quelle: „Lorbasse und andere Leutchen“,
Verlag Gerhard Rautenberg, 1995