Frau Schacknies im Museum von Robert Johannes

Gestern war ich im Museum,
wo de große Bilder sind
und de steinerne Figuren,
Kinder, nei, ich wurd fast blind!

Ich bin zwar nich mehr jung an Jahren,
und verheirat obendrein,
aber das sag ich, zehn Pferde
kriegen da mich nich mehr rein.

Denn wohin man seine Augen
richten tut, ob nah, ob weit,
iberall und allerwegen
sieht man nuscht wie Nacktigkeit.

Nackte Kerls – bis auf die Knochen –
splitternackt, du liebe Zeit,
nei – ich war wie rein zerbrochen,
nackt sogar de Frauensleit!

Gottche ja, man hat ja manches
schon im Leben all gesehn,
wie gesagt – ich bin verheirat,
aber so was is nich scheen.

Alle stehen se so pratschig
und so unverschämt und breit,
grad als wollten se noch prahlen
mit de ganze Nacktigkeit.

Ein alter Mann mit so zwei Jungens
is zum Beispiel mittenmang,
wie se splitternackt sich wehren
gegen eine Riesenschlang.

Gerade beißt das Biest dem Alten
in das Bein – so doll se kann!
Das is recht! Warum auch zieh’n se
sich nich Unterbicksen an!

Ein Frauenzimmer is mir da auch
noch stark in die Erinnerung.
Hibsch, das muß der Neid ihr lassen
war die Krät – und drall und jung.

Alles hätt se aufzuweisen,
nur von Scham nich eine Spur,
nich emal e Hemdenzippel
hat ans Leib die Kreatur.

Fenus war das, meint der Wächter,
aus ein Stück Marmor rausgehaut.
Himmel! Wer das meine Tochter,
die hätt ich dann ausgehaut!

Gott sei Dank, daß ich allein war,
denn mein Alter is nich hier.
Dreißig Jahr sind wir verheirat,
aber so sah nie er mir!

Wenn man denkt, daß jeder dumme
Ladenschwengel ungestört
diese Pupp sich kann bekicken! –
Nei – ich find das unerhört!

Wirklich, gern mein allerbestes
Barchenthemd spendiert ich dran,
aber zieht der nackten Fenus,
zieht dem Frauensmensch was an!

Quelle: „Lorbasse und andere Leutchen“,
Verlag Gerhard Rautenberg, 1995