Mein Ostpreußen von Josef Wiener-Braunsberg
Wie ist mir doch mein Heimatland
Stets lieb und hold erschienen!
Es dehnen sich als Silberband
Am Horizont die Dünen,
Es ragen Wälder himmelan
Von Buchen, Eichen-Riesen;
Und Hahnenfuß und Gundermann
Durchsprenkeln bunt die Wiesen.
Und Kühe drauf, die Euter straff,
Und Ährenfelder wogen,
Es kommen gleitend still zum Haff,
Die Masten hergezogen.
In blauen Lüften kreist der Storch
Mit Störchelein, etwelchen,
Der bringt uns – wie er klappert, horch! –
Die Jungchens und Marjellchen!
Die schaut euch ganz besonders an
In Dorf und Stadt und Städtchen!
Wie „forsch“ ist da nicht jeder Mann, –
Und nun gar erst die Mädchen!
Blauäugig und walkürenhaft,
Daß ich nichts Schön’res wüßte,
Das Haar blond, wie der Ähre Schaft
Und Bernstein von der Küste.
Auch sonst sind sie so hold und süß,
Das ist nicht auszudrücken.
Für so ein „trauztes“ Mädchen ließ
Ich hacken mich in Stücken! –
Ich will nicht lügen – Gottche, nei! –
Und will nicht Unsinn dschabbern,
Doch nähm‘ ich sie. Müßt‘ ich dabei
Auch Hungerpotchen knabbern!
Doch damit hat es keine Not
Und wär’s auch völlig zwecklos.
So lang‘ bei uns noch wächst das Brot
Und wir nicht rinderflecklos,
So lang‘ im Haffe schwimmt der Hecht,
Nicht Eier knapp, noch Schinken,
Und man den Grog, den steifen, zecht
Und schaumig Bier wir trinken!
Dabei fällt wohl manch lust’ges Wort,
Vom Augenblick geboren,
Das oft – Marjellchens, dreht euch fort! –
Nicht taugt für zarte Ohren.
Das ist so recht Ostpreußen Art:
Gradaus im Ernst, beim Scherzen!
Sind wir auch außen rau und hart,
Sind warm doch unsre Herzen!
Zur Heimat lasst die Sehnsucht ziehn
Liegt noch so weit sie „hinten“!
Was sind Paris uns, was Berlin
In Labiau und Zinten?
Wohlauf, die Gläser nehmt zur Hand,
Laßt sie uns freudig heben:
Wer je gegessen Glums und Schmand,
– Stoßt an! – hoch soll er leben!
Quelle: „Mein Vater ist ein kleines Mannchen.“ Ostpreußische Vortragsgedichte
von Josef Wiener-Braunsberg; Eduard Bloch Theaterverlag Berlin