Johannisnacht von Martha Müller
Wenn verblieht sind alle Beime
Un de Flanzen zugesetzt
Un vorbei die Meientreime,
Naht ein unscheinbares Fest.
Wenn man muß die Pelzjack schmeißen,
Un de Bremsen kommen an,
Wenn man schichert Mück und Fliejen,
Naht der Abend vor Johann. –
„Malchen, tu man fix beschicken“,
Sagt de Muttche, „un denn geh,
Tee und Kräuter dir noch flicken,
Aber heimlich es gescheh!
Wenn du einem Mänsch begegnest,
Darfst nuscht reden, Gott bewahr!
Such dir neunerlei der Blumchens,
Grade so wie vorgtes Jahr!
Bind se mit em roten Faden
Zu e Kranzche denn geschwind,
Schmeiß se hinterricks durchs Fenster,
Eh du gehst ins Haus, mein Kind.
Leg se schweigend unters Kissen,
un im Traum erscheint dir dann
Er, das solltest du ja wissen,
Der dir is bestimmt zum Mann!“ –
Malchen war all über dreißig,
Jedes Jahr machd sie dem Brauch
Am Johannstag mit die Blumchens,
Aber keinmal glückd es auch.
Vorgtes Jahr, als sie stillschweigends
Inne Kammer gehen wolld,
Huggd der Kater annem Schmand dran,
Wo se morgen buttern sollt!
Durch das „husch-tisch-Katz“ alleine
Sah des Zaubers Bann sie fliehn,
Malchen saß im Bett un weinte,
Wieder war ihr Traum dahin.
Darum schlich se ganz bedrippt heit,
Als der Kranz durchs Fenster fiel,
Inne Stub‘ und sank zufrieden
Hin aufs Bett, das war ihr Ziel.
Aber wie se hebt dem Zudeck,
Kreischd se laut un saß geduckt:
Irgendeiner hadt ihr heimlich
Poggen innes Bett gehuckt.
Quelle: „Der heimattreue Ost- und Westpreuße“, Heft 7/1939