Im Bureau von Johannes Trojan
Der einst die Krone flotter Burschen war,
Der Keckste in der übermüt’gen Schar,
Dem keiner gleichkam, der sie alle schlug
Auf der Mensur wie bei gefülltem Krug;
Dem selbst die Starken zu gefallen strebten,
Vor dem Philister zitterten und bebten
Wie Espenlaub, ließ er von fern sich schaun;
Vor dem, wenn er nur zuckte mit den Braun,
Der Manichäer voll Entsetzen floh:
Der sitzt jetzt vor den Akten im Bureau,
Wo er nicht mehr als jeder andre gilt,
Und vor ihm steht sein strenger Chef und schilt,
Sein Chef! Ein Männlein, um mit einem Hauch
Es wegzublasen wie Zigarrenrauch!
Ein Tropf, der nie die Klinge hat geführt,
Niemals gewußt, was sich auf Tusch gebührt,
Der leise sich, von Weiberhand gegängelt,
Durchs Leben hat und in das Amt geschlängelt,
Ein Mensch, der nie als Zecher sonder Wank
Aus Hörnern Bier in ganzen Litern trank!
Und solch ein Wicht, solch ein erbärmlich Wesen
Nimmt es heraus sich, ihm den Text zu lesen,
Ihn abzukanzeln, zu ermahnen ihn!
Weit ist fürwahr die Anmaßung gediehn
In unsrer Zeit, und täglich treibt sie’s bunter.
Welt, du erlebst dies, und du gehst nicht unter?
Kann der Gescholtne wirklich das ertragen?
Soll er den Tadler nicht zu Boden schlagen,
Ihn schütteln, bis er auseinanderfällt?
Zum mindesten für diese Lästerungen
Ihm aufzubrummen einen dummen Jungen,
Dafür daß er dergleichen sich erfrecht,
wär‘ doch nicht mehr als billig nur und recht!
Indes – – indes – – – ein wenig tiefer neigt
Den Kopf er auf die Akten, schluckt und – – schweigt.
Aus: „Scherzgedichte“, J.G.Cotta’sche Buchhandlung
Nachfolger Stuttgart und Berlin 1924